Europäischer Gerichtshof Luxemburg © Wikipedia / Cédric Puisney
Gemeinsame Stellungnahme der klagenden Unternehmen zum RWE-E.ON-Deal
Einmaliger Akt zu Lasten des freien Wettbewerbs
In einem einmaligen Akt auf dem deutschen Energiemarkt haben sich die beiden größten Wettbewerber, RWE und E.ON, darauf geeinigt, den Wettbewerb untereinander aufzugeben und sich den Markt stattdessen aufzuteilen. Dadurch entstehen zwei fokussierte, aber miteinander verflochtene Unternehmen. Beide dominieren jeweils „ihren“ Teil der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen zu Lasten des Wettbewerbs.
RWE größter Erzeuger und Großhändler
RWE wird (nach dem Handel) der mit Abstand größte Erzeuger und Großhändler von Strom sein, der sein traditionelles konventionelles Erzeugungsportfolio in beispielloser Weise mit einem großen und weiter wachsenden Erneuerbaren-Energien-Portfolio kombinieren kann. Das entstehende kombinierte Portfolio verschafft RWE zusätzliche (und außergewöhnliche) Einflussmöglichkeiten auf den Erzeugerwettbewerb und (auf) Großhandelspreise.
E.ON größter Verteilnetz- und Messstellenbetreiber
E.ON hingegen wird die RWE-Tochter „Innogy“ übernehmen und damit (neben weiteren Auswirkungen) der mit Abstand größte Betreiber von Verteilnetzen. Innogy wird außerdem der Versorger mit den mit Abstand meisten Kunden werden und der Messstellenbetreiber mit den meisten Daten. Gleichzeitig wird RWE, (die) mit mehreren hundert Beteiligungen ohnehin bereits flächendeckend in die gesamte Energiewirtschaft verflochten ist, der größte und einflussreichste Einzelaktionär von E.ON.
Mit diesem Handel sind (aus Sicht der klagenden Mitbewerber) erhebliche Nachteile für den Wettbewerb und damit für alle Verbraucher verbunden. Mit der Freigabe der Fusion im Februar und September 2019 gibt die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt die Konzentration von Marktmacht, Marktkontrolle und politischem Einfluß frei, für zwei Großunternehmen, deren Position voll zu Lasten des Mittelstandes gehen wird.
Kein Verstndnis für Kummulierung von Markt- und Datenmacht
Die klagenden Unternehmen verstehen die Freigabe dieser Verschmelzung als Absage an die Liberalisierung des Energiemarktes und die dort geschaffene Vielfalt, die viele kleinere Akteure in den letzten zwei Jahrzehnten gegen den Widerstand der Großkonzerne, allen voran RWE und E.ON, tapfer erkämpft haben.
Die Gemeinschaft der Kläger erklärt: „Das wollen wir nicht hinnehmen! Wir fordern, dass der nur mühsam in Gang gekommene Wettbewerb im Energiemarkt erhalten bleibt. Das betrifft sowohl die Erzeugung von Strom, den Handel von Strom und Gas und künftig auch die Erzeugung und den Import von Wasserstoff als auch die Endkunden Belieferung, das Netzgeschäft, die Elektromobilität und die Kundenlösungen. Die von RWE und E.ON initiierte Neuordnung des deutschen Energiemarktes ist aus Sicht des Wettbewerbs und der Verbraucher nicht zu tolerieren, da hiermit die Partizipation weiterer Anbieter und letztlich der Kunden an einem fairen und funktionierenden Wettbewerb beseitigt wird.“
EU-Kommission ignoriert Bedenken des Mittelstandes
Da die Europäische Kommission sich mit ihren Freigabeentscheidungen über die massiven Bedenken von Marktteilnehmern ohne ausreichende Abwägung hinweg gesetzt und sogar auf wirksame Auflagen zum Schutz des Wettbewerbs und der Kunden verzichtet hat, halten wir es für geboten, gegen die Fusionsfreigabe den Rechtsweg einzuschlagen. Nach gründlicher Prüfung der erst im März 2020 veröffentlichten Freigabeentscheidung zur Übernahme von Erzeugungsassets und von Handelsgeschäft der E.ON durch RWE haben die mittelständischen Mitbewerber heute, 27.05.2020, Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht erhoben.
Quellen: Energiemarktteilnehmer in Chemnitz, Hannover, Dresden, Bensheim, Leipzig, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Halle (Saale), Frankfurt am Main, Hameln, Erfurt.