Polens Energiewende: Vom Kohleland zum Boom der Erneuerbaren – Solar auf der Überholspur

Polens Energiewende: Vom Kohleland zum Boom der Erneuerbaren – Solar auf der Überholspur

10.11.2024

Polen wandelte sich vom Kohlestromland zur schnell wachsenden Erneuerbaren-Energie-Nation. Der Anteil erneuerbarer Energien stieg von unter 1 % (2004) auf über 12 % im Jahr 2023, beim Strom von 2,5 % in 2005 auf über 27 % im Jahr 2023.

Lange Zeit galt Polen als Land des Kohlestroms. Von 1965 bis 2004 lag der Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch bei unter einem Prozent. Erst 2005 überschritt dieser Anteil erstmals die Ein-Prozent-Marke (1,14 %). Bis 2023 stieg er auf über 12 Prozent (12,15 %). Ähnlich sieht es im Stromsektor aus: Zwischen 1986 und 2004 bewegte sich der Anteil erneuerbarer Energien zwischen 1,1 und 1,9 Prozent, doch ab 2005 begann er mit 2,5 Prozent eine steile Wachstumsphase. Im Jahr 2023 wurde schließlich die Marke von 27 Prozent überschritten – Tendenz weiterhin steigend.

Mehr Sonne – mehr Wind Solar und Wind verdrängen Kohlestrom

In Polen werden jährlich rund 167 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert, während der Verbrauch bei 157 Milliarden Kilowattstunden liegt. Der Anteil erneuerbarer Energien wächst kontinuierlich, während der Kohlestromanteil abnimmt: Innerhalb von drei Jahren sank der Anteil von Steinkohle und Braunkohle an der polnischen Nettostromerzeugung von 76,0 Prozent auf 63,8 Prozent. Parallel dazu stieg der Anteil der Windenergie von 9,5 Prozent auf 14,6 Prozent, und der Anteil der Photovoltaik wuchs von 2,9 Prozent auf 8,7 Prozent.

Ende September 2024 betrug die installierte Photovoltaikleistung in Polen knapp 19,9 GW. Allein im September wurden 13.040 neue PV-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 363,53 MW installiert. Dabei entfielen 32 Prozent der installierten Kapazität auf Anlagen unter 51 Kilowatt Peak, 23 Prozent auf Anlagen mit 51 bis 999 Kilowatt Peak, und 55 Prozent auf Großanlagen mit einer Leistung ab 1.000 Kilowatt Peak.

Tendenz: große Anlagen

Der Trend zu größeren Photovoltaikanlagen wird von vielen Marktakteuren bestätigt. Während die Installation kleiner Anlagen auf privaten Gebäuden stark von staatlichen Förderprogrammen abhängt, dominieren im industriellen und gewerblichen Bereich Wirtschaftlichkeitsüberlegungen. Unternehmen setzen zunehmend auf Photovoltaik, um sich von Strompreisschwankungen unabhängig zu machen und langfristig niedrigere Energiekosten zu sichern.

Ein Blick auf die polnische Strompreispolitik erklärt diesen Trend: Während der Preis für privat verbrauchte Kilowattstunden in Polen mit 0,22 Euro relativ niedrig ist, liegt der Preis für gewerblichen Strom bei 0,39 Euro – deutlich höher als in anderen Ländern wie Deutschland. Angesichts des weiterhin hohen Anteils von Kohlestrom und des enormen Potenzials bei gewerblichen und produzierenden Unternehmen mit hohem Energiebedarf dürfte der Vertrieb von Photovoltaikanlagen im kommerziellen Bereich auch in Zukunft stark wachsen.

Polen und Kernkraft – ein schwieriges Verhältnis

Im Norden Polens, wenige Kilometer von der Ostseeküste entfernt, steht die Bauruine des ersten polnischen Kernkraftwerks Zarnowiec. Die Planungen begannen bereits 1972, und 1980 starteten die Bauarbeiten. Doch nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 formierte sich starker Widerstand in der Bevölkerung, der 1989 zur Unterbrechung des Baus und ein Jahr später zu einem Volksentscheid führte, der die endgültige Einstellung des Projekts besiegelte.

Seitdem gab es immer wieder Versuche, die Kernenergie in Polen zu etablieren. Der neueste geplante Standort für ein Kernkraftwerk liegt in der Nähe von Choczewo, nur 20 Autominuten von der Zarnowiec-Ruine entfernt. Skeptiker bezeichnen das Vorhaben bereits als „zweites Zarnowiec“. Die Regierung unter Donald Tusk hat den Netzanschluss vorsichtig für das Jahr 2040 geplant – acht Jahre später als von der Vorgängerregierung vorgesehen.

Im Mai dieses Jahres (2024) war jedoch noch kein Finanzierungsplan vorhanden – ein deutlicher Kontrast zur Photovoltaik.

Gewerbe-PV besonders rentabel

Ganz anders bei der Photovoltaik. Hier stehen Preise und Rendite fest und der Gestehungspreis liegt seit Jahren deutlich unter den Preisen des Netzstroms – weltweit. In Polen ist Photovoltaik für Gewerbetreibende Pflicht, bei Strompreis nahe der 40 Euro-Cent-Marke.

Manfred Gorgus (mg)