60 Prozent weniger Emissionen aus Verkehr, Gebäuden und Industrie bis 2050

Zukunftsstudie von BloombergNEF in Partnerschaft mit Eaton und Statkraft zeigt das Potential der Sektorkopplung. Steigen Verkehr, Gebäude und Industrie vermehrt auf grünen Strom um, muss das Energienetz 75 Prozent mehr Strom liefern können.

BloombergNEF hat in Zusammenarbeit mit dem Energiemanagementunternehmen Eaton und dem norwegischen Energiekonzern Statkraft einen Bericht veröffentlicht, der auf das Potential der Sektorkopplung bis zum Jahr 2050 eingeht. Sektorkopplung meint hier die Idee, die energieintensiven und heute maßgeblich auf fossile Brennstoffe setzenden Bereiche Verkehr, Gebäude und Industrie zu elektrifizieren. Mehr Strom von den Energieerzeugern, die bereits große Schritte hin zu einer Dekarbonisierung gemacht haben, oder mit grünem Strom erzeugter Wasserstoff könnten fossile Brennstoffe als Primärenergiequelle in diesen Sektoren zu großen Teilen ersetzen.

Dadurch könnte der Anteil fossiler Brennstoffe in Industrie, Verkehr und bei Heizanlagen von gegenwärtig 80 Prozent auf 23 Prozent im Jahr 2050 sinken sagt Blomberg. Das entspräche einer Reduktion der CO2-Emissionen dieser Sektoren um 60 Prozent. Nötig ist für dieses Szenario die Steigerung der Elektrizitätserzeugungskapazitäten um 75 Prozent bis zum Jahr 2050. Der ausführliche Bericht enthält zudem umfassende Handlungsempfehlungen für Politik und Energiewirtschaft und ist hier zum kostenlosen Download verfügbar.

Weitgehendere Elektrifizierung

Aktuell decken Verkehr, Gebäude und Industrie nur 10 Prozent ihres Gesamtenergiebedarfs über das Stromnetz. Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie etwa den geringen Marktanteil von Elektrofahrzeugen, die hohen Kosten konventioneller Elektroheizungen oder industrielle Prozesse, die auf die Kohlenstoffverbrennung angewiesen sind, wie beispielsweise die Eisenverhüttung im Hochofen. Bis 2050 ließe sich dieser Anteil auf 60 Prozent steigern, wenn es gelingt, eine stärkere Elektrifizierung dieser Sektoren – direkt oder indirekt – zu erreichen.

Direkte Elektrifizierung meint dabei beispielsweise den Ersatz von Verbrennungs- durch Elektromotoren. Auch Wärmepumpenheizungen für Gebäude zählen dazu. Indirekte Elektrifizierung beschreibt die elektrolytische Erzeugung von grünem Wasserstoff, der dann zum Heizen oder für Industrieprozesse (z.B. Direktreduktion) zur Verfügung steht. Dennoch werden auch in diesem Szenario energieintensive Branchen, wie die Eisen- und Stahlindustrie, im Jahr 2050 etwa 40 Prozent ihres Energiebedarfs nach wie vor aus fossilen Brennstoffen gewinnen.

Mehr Strom mit weniger Emissionen

Durch die gesteigerte Elektrifizierung wird eine Reduktion der CO2-Emissionen der Sektoren Verkehr, Gebäude und Industrie um 60 Prozent zwischen 2020 und 2050 möglich. Gegenüber dem Stand von 1990 entspräche das sogar einer Reduktion von 71 Prozent. Bezieht man auch den Sektor der Stromerzeugung mit ein, wäre sogar eine Verringerung der Emissionen gegenüber 1990 um 83 Prozent möglich. Eine Reduktion fossiler Brennstoffe und deren Ersatz durch elektrische Energie bedingt natürlich eine Steigerung der Stromerzeugung. Gegenüber einem Szenario ohne Sektorkopplung wären bis 2050 75 Prozent mehr Erzeugungskapazitäten notwendig.

Der größte Teil davon dürfte aus relativ kostengünstigen Wind- und Solaranlagen kommen. Diese Energieträger zeichnen sich allerdings durch eine hohe Volatilität in ihren Outputs aus. Demgegenüber steht eine ebenfalls volatile Nachfrage, deren Zyklen allerdings anders verlaufen als die der Erzeugung. Konkret: Elektroautos werden gerne abends oder nachts geladen, wenn keine Sonne scheint. Im Winter, wenn geheizt wird, steht ebenfalls weniger Solarenergie zur Verfügung. Es besteht also Bedarf an flexiblen Speicherressourcen für elektrisch erzeugte Energie – entweder kurzfristig in Batterien oder langfristig durch die Umwandlung in grünen Wasserstoff.

Forderungen an Politik und Gesellschaft

Der Gesetzgeber muss den Weg freimachen für flexible Strompreise, um eine optimierte Laststeuerung zu unterstützen, d.h. die Nachfrage nach Möglichkeit in Zeiten hoher Erzeugung lenken. Mit der benötigten höheren Stromerzeugung wird auch ein Ausbau der Netzinfrastrukturen einhergehen. Hier muss einerseits der Gesetzgeber innovations- und investitionsfreundliche Bedingungen schaffen. Andererseits müssen Regierungen und Unternehmen zusammen daran arbeiten, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern, indem die Bürger von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen überzeugt werden.

Außerdem gilt es, die Forschung zu Wasserstoffelektrolyse zu fördern, um Innovationen auf diesem Gebiet voranzutreiben. Der verstärkte Einsatz von Wasserstoff heißt auch, die technischen wie rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, um bestehende Gasnetze für den neuen Brennstoff nutzen zu können. Nur wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an einem Strang ziehen, wird die erfolgreiche Umsetzung der Sektorkopplung gelingen.

Quelle: BloombergNEF