Die Schweiz müsste ihren Photovoltaik-Zubau verfünffachen

Die Grafik zeigt in der Schweiz verkaufte Photovoltaikanlagen in Kilowatt -peak. Das schnelle Wachstum nach 2010 wurde durch eine kostendeckende Einspeisevergütung, die KEV, ausgelöst. 2016 und 2017 wurden nur noch Kleinanlagen gefördert und der Zubau stagnierte weitestgehend. 2018 werden die ersten Auswirkungen der Energiestrategie 2050 sichtbar. Datenquelle: Markterhebung Sonnenenergie 2018.

Die Schweiz erlebt laut der im Juli veröffentlichten Sonnenenergie-Markterhebung einen leichten Aufschwung bei der Photovoltaik. Die Maßnahmen im Rahmen der Energiestrategie 2050 beginnen ihre Wirkung zu entfalten. Doch um das Land von Atomkraft und fossilen Energien zu befreien muss der jährliche Zubau von Photovoltaik-Anlagen mindestens verfünffacht werden. Dazu braucht es insbesondere stärkere Anreize für den Bau von Großanlagen auf Landwirtschafts-, Gewerbe- und Bürogebäuden, glaubt die Schweizer Photovoltaik Vereinigung Swissolar.

Talsohle in der Photovoltaik durchschritten

Die Photovoltaik Verkaufszahlen stiegen gegenüber dem Vorjahr um 12 % auf 271 Megawatt. Der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch der Schweiz lag 2018 bei 3,4 % (2017: 2,9 %). Damit konnte eine Trendwende nach zwei sehr schwierigen Jahren eingeleitet werden, aber der Zubau liegt immer noch deutlich unter dem bisher höchsten Wert von 2015 mit fast 340 Megawatt.

Gründe für die positive Entwicklung sind unter anderem Maßnahmen im Rahmen der Energiestrategie 2050, die Anfang 2018 in Kraft traten. Dazu gehört insbesondere die Einmalvergütungen für Anlagen jeder Größe, die rund 20 Prozent der Investitionskosten abdecken. Die anfangs noch sehr langen Wartefristen bis zur Auszahlung dieser Förderung wirkten hemmend. Inzwischen sind Wartezeiten auf unter zwei Jahre gesunken, was von Investoren sehr positiv aufgenommen wurde.

Eine Zunahme gegenüber dem Vorjahr konnte bei fast allen Anlagengrößen festgestellt werden, mit Ausnahme der Anlagen über 1 MW. Dort war ein Rückgang der neu installierten Leistung um den Faktor 5 zu verzeichnen. Aufgeteilt nach der Art der Anlagen legten insbesondere die Wohngebäude zu: Einfamilienhäuser +13 %, Mehrfamilienhäuser + 47 %. Der Zubau von Anlagen auf Industrie- und Gewerbebauten stagnierte und auf Landwirtschaftsbauten ist er sogar deutlich zurückgegangen.

Damit zeigen sich für Swissolar deutliche Mängel bei der aktuellen Förderungspolitik. Für den wirtschaftlichen Betrieb einer Photovoltaikanlage braucht es, ergänzend zur Einmalvergütung, eine hohe Eigenverbrauchsquote. Bei Großanlagen sowie in der Landwirtschaft ist dies meist schwierig.

Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma siht die Schweizer PV-vereinigung in Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch, bei denen mehrere Verbraucher eine große Photovoltaikanlage gemeinsam für ihren Eigenverbrauch nutzen. Dieses Anfang 2018 eingeführte Instrument stößt vor allem bei Mehrfamilienhäusern auf Interesse. Zu ergänzen ist noch, dass in der Schweiz praktisch alle Photovoltaikanlagen auf Gebäuden installiert werden, im Gegensatz zu Nachbarländern mit teils sehr großen Freilandanlagen.

Stromspeicher Immer beliebter

Die Verkäufe von Batteriespeichern sind um mehr als ein Viertel auf 1590 Stück gestiegen. Jede zehnte Photovoltaikanlage wurde mit einem Speicher kombiniert. Die durchschnittliche Speichergröße lag bei 9,1 Kilowattstunden gegenüber 8,1 Kilowattstunden im Vorjahr. Hier zeigt sich der rasche Preisrückgang bei den Speichern.

Rückgang bei Solarthermie

Beim Verkauf von Kollektoranlagen zur Nutzung solarer Wärm musste leider ein weiterer Marktrückgang um 9 % auf 58‘500 Quadratmeter hingenommen werden, nach einem leichten Zuwachs im Vorjahr. Überraschenderweise konnte dabei jedoch das Marktsegment der Anlagen auf Einfamilienhäusern, das in den letzten Jahren am stärksten schrumpfte, um 18 % zulegen. Mehr als die Hälfte der neuen Kollektorfläche liegt somit auf Einfamilienhäusern.

Die Energiewende in der Schweiz braucht sehr viel mehr Solarenergie

Mit dem Ja zur Energiestrategie 2050 hat die Schweiz den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen und mit der Ratifizierung des Pariser Klimaprotokolls hat sich unser Land faktisch verpflichtet, bis spätestens 2050 auf fossile Energien zu verzichten. Beide Ziele können aus Sicht von Swissolar nur mit einem massiven Ausbau der Solarenergie erreicht werden.

Bei der Photovoltaik müsste der jährliche Zubau mindestens bei 1500 Megawatt pro Jahr liegen, bei der Solarthermie sollte der Wert von 100‘000 Quadratmetern, wie zuletzt im Jahr 2014, wieder erreicht werden. Zur Erreichung dieser Ziele braucht es gezielte Fördermaßnahmen für große Photovoltaikanlagen ohne Eigenverbrauch (z.B. auf Landwirtschafts-, Gewerbe- und Bürogebäuden), wozu beispielsweise Ausschreibungen dienen können.

Zudem braucht es eine rasche Revision der kantonalen Energiegesetze gemäß MuKEn 2014, die unter anderem eine Pflicht zur Eigenstromproduktion für Neubauten und den Einsatz erneuerbarer Energien bei Heizungssanierungen vorsieht.

Mehr Mut zur Energiewende

Offensichtlich fehlt nicht nur in Deutschland das politische Klima für einen raschen Ausbau der Erneuerbaren Energien. Auch in der sauberen und nachhaltigen Schweiz tut sich Politik schwer auf 100 Prozent erneuerbare Energien zu setzen. Klimaschutz ist in aller Munde, funktioniert aber nur, wenn vorhandene Technik auch mutig umgesetzt wird.

mgo / Swssolar