Klage vor Bundesverfassungsgericht wegen schlechter deutscher Klimapolitik

Ein Klagebündnis von Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und vielen Einzelklägern hat am Freitag, dem 23.November 2018, Klage wegen der aus Sicht der Kläger unzureichenden deutschen Klimapolitik vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Unter den Einzelklägern der Verfassungsbeschwerde sind Prominente wie der Schauspieler Hannes Jaenicke, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Josef Göppel, CSU und Professor Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Um die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen, die schon seit Jahren zunehmend durch Hitzewellen und Naturkatastrophen in Deutschland und weltweit geschädigt werden, müssen Bundesregierung und Bundestag die globale Erwärmung konsequent bekämpfen. Zumindest müssen sie die im Pariser Klima-Abkommen vereinbarte Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau einhalten und in der EU ihr Gewicht dafür in die Waagschale werfen. Das verlangt dem Weltklimarat zufolge Nullemissionen in sämtlichen Sektoren weltweit in drei Jahrzehnten.

Gleichzeitig erwratet der Weltklimarat eine erhebliche Wahrscheinlichkeit der Zielverfehlung, wenn die Verantwortlichen sich drei Jahrzehnte Zeit lassen. Deshalb muss schnell eine Etscheidung her. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestags streben zeitnahe Nullemissionen der Klimagase bei Strom, Wärme, Mobilität, Kunststoffen und Landwirtschaft aber nicht einmal an. Zwar hat die Politik demokratische Entscheidungsspielräume. Diese erlauben es verfassungsrechtlich jedoch nicht, die physischen Grundlagen menschlicher Existenz aufs Spiel zu setzen – und damit auch die Demokratie zu untergraben. Genau das droht jedoch, wenn die Klimapolitik weiter so unambitioniert bleibt.

Deutschland erreicht nicht einmal seine eigenen Ziele und die EU-Klimaziele für 2020, obwohl diese viel weniger ambitioniert sind als die genannten Ziele des Weltklimarates. Zumindest an den selbst gesetzten Zielen sollten Bundesregierung und Bundestag festhalten. Verfassungsrechtlich ist die Bundesregierung verpflichtet, ihrer Politik die aktuellen Fakten zugrunde zu legen und nicht weiter an der überholten – bereits sehr gefährlichen – 2-Grad-Grenze in der Klimapolitik festzuhalten.

Wolf von Fabeck, langjähriger Geschäftsführer des Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V., erklärt: „Obwohl der globale Temperaturanstieg noch nicht einmal die in Paris vereinbarten 1,5 Grad erreicht hat, bedroht der Klimawandel schon jetzt das Überleben der Menschen-, Tier- und Pflanzenwelt. Wir hoffen, dass das BVerfG die Gefahr erkennt und ihr entgegen tritt. Auch wundern wir uns, dass die kalifornische Regierung nicht die deutschen Braunkohlekraftwerke auf Schadenersatz verklagt.“

Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender Vorsitzender des BUND, erklärt: „Der BUND hat sich als Teil seines internationalen Netzwerkes Friends of the Earth schon lange und als einer der ersten konsequent positioniert: Die globale Erwärmung darf 1,5 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau auf keinen Fall überschreiten. Mit unserer Klage erhöhen wir den Druck auf die Bundesregierung und den Bundestag, endlich ein Klimaschutzgesetz vorzulegen, das die Ziele des Pariser Klimaabkommens effektiv umsetzt.“

Der weitere Prozessverlauf liegt im Ermessen des BVerfG. Sollte es zu einer mündlichen Verhandlung kommen, dann voraussichtlich nicht zeitnah. Sollte das Bundesverfassungsgericht der Klage stattgeben, wäre über Deutschland hinaus auch europa- und weltweit verdeutlicht, dass Klimaschutz ein  Menschenrechtsproblem ist, das nicht im politischen Belieben der jeweiligen Mehrheit steht.

Die Klage wird aus Spenden und Eigenmitteln durch den Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. finanziert. Die Klage wird rechtlich vertreten von der langjährig im Umweltrecht erfolgreichen Rechtsanwältin Dr. Franziska Heß, Baumann Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbH, und Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt aus Leipzig, der die Klage außerdem seit 2010 mit einigen Menschenrechts-Gutachten für den Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. vorbereitet hat.

Quelle: BUND

Zum Gutachten: https://www.mdpi.com/2071-1050/10/8/2812/htm