Stromspeicher im Gigawattmaßstab

Forschung, kein Chaos. Versuchsanlage für Flüssigmetalle am KIT. © Karsten Litfin/KIT

Die Speicherung großer Energiemengen ist wichtig für ein CO2-neutrales Energiesystem. Deshalb wollen das Karlsruher Institut für Technologie, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und die Universität Stuttgart gemeinsam geeignete Energiespeicher im Gigawattmaßstab entwickeln. Zu diesem Zweck haben die Forschungseinrichtungen nun den Aufbau einer entsprechenden Forschungsinfrastruktur vereinbart, den Nationalen Demonstrator für Isentrope Energiespeicher, kurz NADINE. Die Versuchsanlage zur Entwicklung von Energiespeichern im Kraftwerksmaßstab soll in Karlsruhe und Stuttgart entstehen.

Ortsunabhängige und kostengünstige Energiespeicher für die schwankende Wind- und Solarstromproduktion im Kraftwerksmaßstab fehlen aktuell. Das KIT, das DLR und die Universität Stuttgart planen deshalb den gemeinsamen Bau der Forschungsanlage NADINE, mit der kostengünstige und nahezu verlustfrei arbeitende Energiespeicher entwickelt werden sollen. Mithilfe von NADINE soll beispielsweise der Einsatz von Flüssigmetallen erforscht werden, die neuartige thermische Speicher ermöglichen. Das genaue Design der Forschungsanlage wird aktuell im Rahmen eines 18-monatigen Projekts erarbeitet, das Anfang dieses Jahres startete. Gefördert wird das Designprojekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie vom Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg.

Carnot-Batterien in ehemaligen Kohlekraftwerken

Die Speicherung von elektrischer Energie im Gigawattstunden-Maßstab ist mit Pumpspeicherkraftwerken und Batteriespeichern bereits heute möglich. Allerdings können in Deutschland kaum weitere Pumpspeicherkraftwerke gebaut werden, Batteriespeicher in dieser Größenordnung sind derzeit zu teuer und nicht langlebig genug. Das hinter NADINE stehende Konzept sieht vor, flexible und nahezu verlustfreie Energiespeicher zu entwickeln, so genannte isentrope Speicher. Als isentrop wird ein Prozess bezeichnet, der in einem abgeschlossenen System stattfindet, bei dem es zu keinem Wärme- oder Materieaustausch mit der Umgebung kommt. Ein vielversprechendes Konzept für einen isentropen Speicher ist beispielsweise die Carnot-Batterie. Bei dieser wird Strom mithilfe von Wärmepumpen in Wärme und bei Bedarf wieder zurück in Strom umgewandelt. Für die Realisierung solcher Wärmespeicherkraftwerke im Großformat ikönnte die bestehende Infrastruktur in stillgelegten Kohlekraftwerken genutzt werden.

Die Forschungsinfrastruktur NADINE wird für drei typische Temperaturebenen in Energiespeichern und -wandlern ausgerichtet. In Stuttgart sind ein Nieder- und ein Hochtemperatur-Labor für Technologien bis etwa 700 Grad Celsius geplant. Erforscht werden sollen damit neue Konzepte für Carnot-Batterien. „Durch eine intelligente Kombination aus Wärmepumpen, Wärmespeichern, Kältespeichern und Wärmekraftmaschinen können wir nicht nur elektrische Energie speichern, sondern noch Zusatznutzen wie etwa die Kühlung von Rechenzentren erzeugen“, sagt Professor André Thess, Koordinator von NADINE und Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik.

In Karlsruhe wird sich das Modul für Temperaturen jenseits der 600 Grad Celsius befinden. Damit soll der Einsatz flüssiger Metalle für Carnot-Batterien und thermische Speicher erforscht werden: „Flüssige Metalle haben hervorragende Wärmetransporteigenschaften und sind bei sehr hohen Temperaturen einsetzbar“, sagt Professor Thomas Wetzel vom Institut für Thermische Verfahrenstechnik des KIT. „In der Forschung zur Flüssigmetalltechnologie werden gerade vielversprechende innovative Prozesse zur hocheffizienten Umwandlung von Wärme in elektrische Energie und Kraftstoffe entwickelt, die hervorragend in das Konzept von NADINE passen.“ In den NADINE-Laboren werden über eine „Wärmeplattform“ Wärmesenken und Wärmequellen bereitgestellt, auf denen, ähnlich wie in einem Windkanal, einzelne Komponenten und auch komplette isentrope Energiesysteme erforscht werden können. Dabei erproben die Forscher zum Beispiel, wie die unterschiedlichen Speichereinheiten ausgelegt sein müssen, welche Materialien geeignet sind und wie die einzelnen Komponenten am besten zusammenspielen.

Quelle: KIT